Als Quellen für diesen Abschnitt wurde die Festschrift “75 Jahre Union Yacht Club (1961)” sowie die Festschrift “100 Jahre Union Yacht Club (1986)” verwendet.

Aus der Festschrift “75 Jahre Union Yacht Club (1961)”: Union Yacht-Club Stammverein

Ausschuss 1961/1962

Gründung 1886Der 15. März 1886 kann nach den Aufzeichnungen, die im Archiv des Stammvereines noch vorhanden sind, als der eigentliche Geburtstag des Union Yacht-Clubs angesehen werden. Prof. Dr. Hugo Weidel als Vorsitzender der 1. Versammlung weist darauf hin, dass „die Fahrten auf dem Neusiedlersee unter den Teilnehmern den Wunsch erregten, die wilde Vereinigung der Segler zu einer juridischen Person zu gestalten, und wie sich dann Freunde des Segelns, welche diesen Sport auf anderen Wässern treiben, dem Wunsche angeschlossen haben, einen Yacht-Club zu bilden“.

Für das Komitee zur Bearbeitung der Statuten wurden die Herren Edward Drory, Prof. Dr. Gustav Lott und Baron C. v. Popp bestimmt.

Am 28. März 1886 fand die zweite Versammlung statt, in der die Statuten genehmigt und für die Gründungsversammlung der 21. April 1886 bestimmt wurde. Dieser Tag der konstituierenden Generalversammlung, der auf Grund der bereits am 12. April 1886 unter Zl. 5945 vom Ministerium des Inneren genehmigten Vereinssatzung stattfand, wird als Gründungstag gefeiert.

Nachdem der Vorstand des Stammvereines in den ersten 50 Jahren auch gleichzeitig den Vorstand bzw. den Zentral-Ausschuss des Union Yacht-Clubs, ergänzt durch Vertreter jedes Zweigvereines, bildete, können die Namen der seinerzeitigen Vorstandsmitglieder aus der Gesamtliste entnommen werden. Besonders muss aber hervorgehoben werden, dass Edward Drory, Direktor des Wiener Gaswerkes, als eigentlicher Gründer des UYC anzusehen ist. Er war es, der jenen Freundeskreis um sich scharte, der dann den Grundstock des neuen Vereines nach den Worten unseres seinerzeitigen langjährigen Obmannes, Sektionschef Dr. Hans Maurus, bildete. Das von E. Drory bereits 1879 gebaute Sommerhaus an der Alten Donau stellte er dem Club zur Verfügung. Als Drory nach Berlin übersiedelte, machte er er, ebenso wie seine geliebte Nirwana, dem UYC-Stv zum Geschenk. Die ersten Boote für den Neusiedlersee, der ursprünglich hauptsächlich das Segelwasser Drorys und dann des UYC-Stv war, konstruierte und baute Edward Drory im Gaswerk Erdberg. Aus seiner Schule sind auch die ersten Yachtbauer und Segelmacher (Komlosy, Jessernigg, Fink) hervorgegangen. Seine bekanntesten Yachten waren Triton (1878), Leonore (1885), Nirwana (1886) und Afraja (1888).

Durch die ungünstigen Wasserverhältnisse des Neusiedlersees in den Neunzigerjahren beschränkte sich ab nun das Segeln nur noch auf die Alte Donau. In den ersten zehn Jahren des Bestandes erhöhte sich der Mitgliederstand nur von 14 auf 26 aktive Mitglieder. Die Ursache lag vor allem in dem Hugo WeidelFehlen einer geeigneten Verbindung der Stadt mit der Alten Donau. Erst ab 1889 gab es die Pferdebahn und ab 1889 die Straßenbahn.

1897 wurden als Clubboote zwei Alsterjollen, „Edward“ und „Marie“, angeschafft. Nach 1900 folgten „Muz“, ein Kielboot der Babyklasse und die Schwertboote „Helene“, „Häfritha“ und „Anntita“ sowie die Swallow „Leonie“. 1910 wurden zwei nationale Jollen aus Hamburg bezogen, die „Pussi“ und der „Brummer“. Dieser ist heute noch im Stand der Flotte des UYCA. Die Enge der Alten Donau, der stark wechselnde Wasserstand, führten dazu, dass sich viele Clubmitglieder, dem Beispiel Professors von Larisch folgend, ab 1909 Canoes bauen  ließen. 1911 waren es 11, 1913 17 und 1923 bereits 22. Die meisten Risse stammen von unseren Ehrenmitgliedern Direktor Ing. Rudolf Walker und Dipl.-Ing. Rudolf Schlenk. Leider gingen beinahe alle Boote in den Nachkriegstagen 1945 verloren. Diese Bootsklasse neben einigen 22ern genügte aber auf die Dauer nicht. So entstanden bald nach dem ersten Weltkrieg die 10-qm-Rennjollen. Auch hier wieder waren es Ing. Walker und Dipl.-Ing. Schlenk, die eine große Anzahl sehr erfolgreicher Boote entwarfen. Besonders muss um diese Zeit auch der Erweiterung der Clubanlagen gedacht werden. Dies ist vor allem ein Verdienst des damaligen Obmannes, Hofrat Dipl.-Ing. Carl Schlenk und des Ausschussmitgliedes Willy Riedl. 1927 verfügte der UYC-Stv über 47 Segelboote, 21 5-qm, 17 10-qm, 5 15-qm, 1 20-qm und 3 22-qm.

Vor 1900 waren es meist nur zwei Boote, die um Matchknöpfe segelten, späterhin fanden die Wettfahrten wegen der sehr verschiedenartigen Boote als Handicaps statt. Vor und nach dem ersten Weltkrieg fanden interne Canoeregatten statt, die aber dann, nach 1018, durch Wettfahrten im Frühjahr und im Herbst, besonders durch die Zusammenarbeit mit den anderen Wiener Segelvereinen zu einer regelmäßigen Einrichtung mit stattlichen Feldern wurde. 1920 erfolgte der Eintritt in den Deutschen Seglerverband. Das Rennsegeln nahm nun einen raschen Aufschwung. Hier: sei wieder unserer Mitglieder Dipl.-Ing. R. Schlenk, der mit seinem „Pan II“ den Donaupokal 1928 gegen starke deutsche Konkurrenz siegreich verteidigte und unseres damaligen Jungseglers Demir Assim Tourgoud Bey auf „Trix II“ gedacht. Ferner gelang es in den Jahren 1933 bis 1935 unserer  Mannschaft unter Führung von Mr. H. Lerch mit den junioren Rolf v. Halle und Hans Heinz Böcker die österreichische Jollenmeisterschaft in der 22-er-Rennklasse auf dem Wörthersee in drei aufeinanderfolgenden Jahren zu gewinnen. Unser Ehrenmitglied DDr. Robert Johanny vertrat zu dieser Zeit die Farben des UYC an maßgebender Stelle im Deutschen Seglerverband. Seine Tätigkeit im Vorstand des UYC und als Herausgeber der Clubmitteilungen, aber auch als alter Regattasegler im In- und Ausland muss hier erwähnt werden. Unter der Leitung des damaligen Obmannles und Präsidenten des Gesamtclubs, Dr. Hans Maurus, entwickelte sich, unterstützt von Dr. Ernst v. Obermayer- Rechtsinn, Walter Klunzinger d. Ä., Dipl.-Ing. Viktor Thausing d. A., den Brüdern Dipl.-Ing. R. Schlenk und Dipl.-lng. F. Schlenk und dem Kassier Rudolf v. Halle ein ausgeglichenes Clubleben. Die Verbundenheit der einzelnen Zweigvereine kam dadurch zum Ausdruck, dass die meisten Mitglieder auch einem oder zwei anderen Zweigvereinen angehörten bzw. Gründungsmitglieder neuerer Zweigvereine waren. 1935 brachte die ersten Auswahlrennen auf der Alten Donau in der neuen Olympischen-Jollen-Klasse. Zwei Jollen „Nirwana“ und „Donau“, wurden als Clubboote angeschafft..

NeusiedlerseeBeim Stammverein bildeten sich erst nach 1918 eigene Jugendabteilungen. Diese konnten aber infolge der besonderen Verhältnisse nicht so straff geordnet werden wie bei den anderen Zweigvereinen, da die Hauptsegelzeit im Frühjahr und Herbst in die Schulzeit der Jugend fallt. Jedoch sind aus der Reihe der Junioren eine Reihe bedeutender Segler hervorgegangen. Es zeigte sich, dass die Alte Donau trotz der Enge ein ganz hervorragendes Schulungsgewässer ist.

1938 ging im Stammverein der 1882 gegründete Wiener Segel- und Ruderklub auf. Eine Reihe von uns altbekannten Seglern wurden so Clubkameraden. Wir verfügten seither neben der Anlage des Clubhauses im Westen der Alten Donau über ein Starthaus am Ostufer, was für die Abhaltung von Wettfahrten sehr wertvoll ist. Durch die anschließende Überführung in den Yacht-Club von Deutschland veränderte sich in der Zusammensetzung der Mitglieder kaum etwas. Eine starke Jugendabteilung, die zum Teil auch während des Krieges segelte, ließ die Sportausübung nicht abreißen. Erst mit Kriegsende wurde unsere Clubhausanlage schwerst getroffen. Bombentreffer zerstörten das Clubwarthaus, beschädigten den Canoeschuppen und die Villa Miramare. Hier muss wieder unserem Mitglied Willy Riedl besonders gedankt werden, der zusammen mit Dipl Ing. V. Thausing d. I. und Rolf v. Halle, unter Mithilfe verschiedener jüngerer Mitglieder, rettete, was zu retten war. R. v. Halle erreichte den Wiederaufbau des Clubwarthauses und die Behebung der ärgsten Schäden. Beinahe alle Boote waren vernichtet oder gestohlen. Erst nach und nach entstand wieder eine kleine Flotte. Sie bestand vor allem aus Jollen der Piratklasse, die sich für die Alte Donau ganz ausgezeichnet eignen. Der Club verfügt derzeit über drei Piratjollen, „Donau“, „Drory“ und „Try“ (Geschenk der Witwe Dipl.-Ing. F. Schlenks) sowie über eine nationale Jolle, „Ivola“ , ein Geschenk unseres Mitgliedes Oskar W. Lechner, und ein Ruderboot. Der Gesamtstand beträgt einschließlich vier Canoes 26 Segelboote.

Der Stammverein, von dem viele Mitglieder mehreren anderen Vereinen des UYC angehören, vertrat, vielleicht aus Überlieferung, ganz besonders den Standpunkt, dass auch nach 1945 die alte Verbundenheit der einzelnen UYC wieder auf genommen werden soll. So insbesondere Dr. Hermann Lerch, der Mitglied des UYCA und UYCT ist, seinerzeit auch dem UYCN und dessen Eissegelabteilung angehörte, ferner Dipl.-Ing. V. Thausing d. J., der Obmann des UYCT ist, und schließlich Dipl.-Ing. H. Imendörffer, der auch dem UYCA angehört. Unser Ehrenmitglied, Baurat h. c. Dipl.-Ing. Rudi Schlenk konnte dann 1961 im 75. Jahr des Bestehens des UYC alle alten UYC im Rahmen des UYC-Traditionsverbandes einen.

In den letzten Jahren waren folgende Clubkameraden besonders erfolgreich: Dipl.-Kfm. Harald v. Musil, der sowohl in der Pirat-, später in der Starklasse meist bei auswärtigen Regatten sehr erfolgreich startete; Mag. Schmid-Siegel mit Christian Wöppermann, Walter Riedl und Christian Ludwig in der FD-Klasse, K. Turetzky und die Junioren Herwig Imendörffer, Pierre Oboschinzky , Harald Musil d. J. und Fritz Glatz in der Pirat-Klasse.

 

Aus der Festschrift “75 Jahre Union Yacht Club (1961)”: Historischer Überblick über die Organisation und einiges über die Entwicklungsgeschichte des UYC

Festvortrag, gehalten von Ehrenpräsident Baurat h. c. Dipl.-lng. Rudolf Schlenk am ordentlichen Seglertag des UYC-TV am 8. Juni 1961

Der UYC ist seit seiner Gründung im Jahr 1886 und, wie anschließend und als Einleitung nachgewiesen werden kann, bis heute die führende Vereinigung österreichischer Segler. Wenn der Segelsport heute nicht mehr ausschließlich von den Mitgliedern des UYC betrieben wird, so wie zur Zeit der Gründung, so ist dies auf die in den siebeneinhalb Jahrzehnten erfolgte außerordentliche Vergrößerung des Kreises der Seglerschaf t und die damit naturgemäß verbundenen Verschiebungen zurückzuführen. Gewisse Funktionen kann der UYC heute aus diesem Grund nicht mehr ausüben, sondern dies kann nur ein gesamtösterreichischer Verband. Es ist sicher interessant, die folgenden charakteristischen Zahlen, die die Entwicklung verdeutlichen, zu beachten, welche – begonnen vom Gründungsjahr – für die drei Fünfundzwanzigjahrabschnitte Wesentliches wiedergeben:

1886 1911 1936 1961 % der Verb. Mitglieder
Zahl der Vereine 3 6 10 9
Aktive Mitglieder 51 332 478*) 1158**) 62%
Betragende Mitglieder 10 95 176 29 34%
Junioren 20 116 228 53%
Summe der Mitglieder 61 447 770 1415 59%
Boote 14 102 196 370 71%

*) Davon sind 57 Mitglieder gleichzeitig bei mehreren Vereinen Mitglied gewesen.

**) Die Zahl der gemeinsamen Mitglieder ist nicht groß, aber nach den derzeitigen Unterlagen nicht feststellbar.

Mitglieder der Österreichischen Segelverbandes Anfang 1961

Aktive Mitglieder 1885
Beitragende Mitglieder 86
Junioren 428
Summe 2397 39 fach gegen 1886
Boote 519 37 fach gegen 1886

 

Diese Zahlen zeigen deutlich die enorme Verbreiterung des Segelsportes und des UYC (39 fache Mitgliederzahl, 37 fache Bootszahl seit 1886), sie zeigt aber auch, dass heute noch nahezu zwei Drittel der Mitglieder der österreichischen Seglerschaft sich aus den Reihen des UYC rekrutieren. Noch deutlicher zeigt dies die Stimmenzahl im Österreichischen Segelverband, in dem von 81 Gesamtstimmen (63 Mitgliederstimmen und 18 Bootsstimmen) den UYC-Vereinen 56 Gesamtstimmen, das sind 69%, 39 Mitgliederstimmen, das sind 62%, und 17 Bootsstimmen, das sind 95%, gehören. Wenn auch der letzte Prozentsatz etwas zugunsten des UYC täuscht, wie die obigen Bootszahlen zeigen – da bei den kleinen Vereinen erst eine bestimmte Bootsanzahl eine Stimme für die Vertretertagung des Segelverbandes ergibt -, so ist dennoch die Bedeutung des Bootsmaterials des UYC außer allem Zweifel, da es vor allem die größeren und schweren Yachten umfasst.

Die nun anschließende historische Übersicht soll an Hand der Statuten erfolgen und gibt ein lebendiges Bild der Entwicklung. In jedem markanten Abschnitt des UYC, und es gibt deren mehrere, wurden die Statuten entscheidend geändert. Es sind also gar nicht die Statuten und deren Bestimmungen, die das Beständige innerhalb des UYC zum Ausdruck bringen, sondern es sind ungenannte und ungesprochene, vielleicht nur empfundene und gelegentlich kaum in Worte fassbare Dinge, die man vielleicht mit dem Wort Tradition zusammenfassen kann, die dem wahren Inhalt des Lebens des UYC entsprechen. Es ist vielleicht ein etwas überheblicher Vergleich, dass auch gewisse, streng eingehaltene Vorgangsweisen im englischen Parlament, dessen Bedeutung man doch sicher nicht anzweifeln kann, auf ungeschriebenen Überlieferungen beruhen. Die Entwicklung der Statuten des UYC in Richtung des nunmehr gebildeten „Traditionsverbandes“ (TV) wird daher offenkundig den realen Umständen gerecht.

Die folgenden Ausführungen, nach Vierteljahrhunderten unterteilt, zitieren an einigen wichtigen Stellen Formulierungen aus den beiden Festschriften des Fünfundzwanzig- und Fünfzigjahrjubiläums, da die dort angegebenen Formulierungen nicht gut übertroffen werden können.

Das erste Vierteljahrhundert UYC, 1886 bis 1911
(Jubiläumsschrift, verfasst von Dr. E. Weinlich)

Die Organisation des UYC sah ursprünglich den Stammverein als den eigentlichen Club vor, weshalb die Zweigvereine, die eher Teile des Stammvereines waren, nur geringe Rechte hatten. Nach der Gründung des Stammvereines folgte unmittelbar die Gründung des UYC Wörthersee und des UYC Attersee, so dass der Gedanke der Union, woher der Name kam, schon im Gründungsjahr sichtbar wurde. Der Zentralausschuss, das zusammenfassende Organ, umfasste den ganzen Ausschuss des Stammvereines, aber von jedem Zweigverein nur einen Delegierten, welcher überdies nur in den Angelegenheiten der Zweigvereine stimmberechtigt war. Ähnlich fungierte auch die Generalversammlung des Stammvereines, in der die Delegierten der Zweigvereine allerdings bis zu zwanzig Mitglieder je Delegierten vertreten konnten.

Das kleine Büchlein der damaligen Statuten umfasst vier Abschnitte. Der erste, „Allgemeine Bestimmungen“, umfasst nur sechs Paragraphen von etwas mehr als einer Seite, die hier, da sie von einer lapidaren Kürze und für das ganze weitere Geschehen richtunggebend waren, wiedergegeben seien:

„Name und Sitz des Vereins

Clubflagge und Clubstander

Zweck

Gliederung

Aufbringung der Geldmittel und Verwendung derselben

Vereinsleitung

S 6. Die dem Stammvereine und den Zweigvereinen gemeinsamen Angelegenheiten werden durch den Central-Ausschuss besorgt.“

Nebenstehend ist entsprechend der damaligen Darstellung das Bild der Flagge und des Standers historisch getreu wiedergegeben, wobei im rechten weißen oberen Feld des Standers die Anfangsbuchstaben der Zweigvereine eingeschrieben waren, z. B. „St.V.” oder ,,A. S.” und dergleichen.

Es ist augenscheinlich, dass die nunmehrigen Satzungen des „UYC-TV” mit diesen Bestimmungen eine große Ähnlichkeit haben.

Der zweite Abschnitt betraf den Stammverein allein mit den Paragraphen 7 bis 33 auf rund 12 Seiten, aus denen ich anführe, dass die Aufnahme neuer Mitglieder zwar in offener Abstimmung, aber einstimmig erfolgen musste, eine außerordentlich scharfe Formulierung, die später auch immer wieder verändert wurde.

Der dritte Teil betraf die Zweigvereine und deren Zugehörigkeit zum gesamten UYC in nur drei Paragraphen von geringem Umfang, während im Übrigen für die Zweigvereine die Statuten des Stammvereines galten. Der vierte Teil betraf den Zentralausschuss mit vier kurzen Paragraphen.

Außer diesen Statuten umfasste noch ein kleines Büchlein eine Segelordnung und Wettsegelbestimmungen, aus deren Betrachtung sich die ganze Art des damaligen Sportbetriebes ergibt. Auf 17 Seiten der Segelordnung wird offenbar das damals Wichtigste geregelt, und ich greife z. B. den § 4 heraus, nach dem die aktiven Mitglieder eingeteilt werden in

  1. Bootsmänner,
  2. Steuermänner,
  3. Matrosen 1. Klasse,
  4. Matrosen 2. Klasse,

wovon die ersten drei verschiedene Chargen-Grade darstellten. Ferner enthielt die Segelordnung Vorschriften über die Flaggen, die Fahrordnung, die Benützung von Clubbooten, und dann auf neun Seiten Kommandoworte für Yachten. Man stelle sich vor, dass in heutigen Vorschriften solche Angaben enthalten wären.

Ebenso interessant sind die Wettsegelbestimmungen, die sich mit Ausschreibung, Meldung, Vermessung, Start, Fahrordnung, Protesten und verschiedenen Bestimmungen befassten, wobei die uns heute primitiv scheinende Vermessung nach Länge mal Breite neben Abstufung nach Wasserlinienlänge interessant scheint, ebenso wie die Unterscheidung in kleine Boote bis 5 m Länge und in größere über 5 m Länge.

Es sind dann noch vier Seiten Vergütungstabellen angeschlossen, denn je nach Vermessungsgröße wurden Vergütungen in Sekunden für eine Seemeile angerechnet, die für fünf bis sechs verschiedene Windstärken verschieden wären.

Der Wettfahrtsbetrieb muss damals recht kompliziert gewesen sein und sehr viel guten Willen zur Voraussetzung gehabt haben, da doch bei fast keiner Wettfahrt die Windstärke über die ganze Regattazeit die gleiche gewesen sein kann, da überdies naturnotwendig eine solche Vergütungstabelle nicht für alle Konstruktionen richtig sein kann und da schließlich auch das Vermessungsergebnis von Länge mal Breite in keiner Weise den tatsächlichen Schnellichkeitsmöglichkeiten einer Yacht gerecht wird.

Mit etwas Phantasie springt einem Betrachter dieser Druckschriften also die Gemütlichkeit der damaligen Zeit entgegen, und die „Festschrift 1911“ bestätigt dies in weitestem Ausmaße. Es sind kaum trockene Tabellen oder Listen darin enthalten, sondern es ist eine Aneinanderreihung persönlicher Erinnerungen an die Gründer und an die Gründung, an die damaligen Yachten mit vielen Fotos, an Preise und an berühmte Wettfahrten, und ich will aus dieser großen Zahl historischer Fakten hervorheben, dass bloß zwei Porträts von gründenden Mitgliedern enthalten sind, das ist das von Edward Drory als die als wirklicher Gründer geltende Persönlichkeit, sowie das eines der bedeutendsten Mitgründer und eines der prominentesten Funktionäre der damaligen Zeit, von Hofrat Prof. Dr. Gustav Lott. Glanzvolle Namen von anderen Persönlichkeiten sind festgehalten, von denen ich nur kurz und ohne Titel anführe: Walterskirchen, Ransonnet-Villez, Sterneck, Spaun, Brückner, Orsini-Rosenberg, Gustav Fritz – Namen, die nur einen kleinen Ausschnitt aller Genannten darstellen und die alle auch heute ihren Glanz und ihren Erinnerungswert nicht verloren haben. Von den historischen Yachten zitiere ich nur: Vanessa, Nirwana, Leonore, Orion, Bubble , Spree, Cressida, Tristan , Vici, Alice und viele andere.

Die grundsätzliche Entwicklung des Bootsmaterials ist in diesen ersten 25 Jahren bereits sichtbar und lose aufgezeigt, beginnend mit den Schwertbooten mit senkrechtem Steven und langem Klüverbaum, Sloop-getakelt mit Topsegel („Nirwana“), führend über Kielboote („Tristan“) und Wulstkieler („Bubble“), über Kajütboote mit Ballast („Alice“) zu den Flundern („Ran I und II“), zu den Sonderklassenyachten („Triton II“) und Segellängenyachten („Teltow“), internationalen R-Booten („Boule de neige“) und den 22-qm nationalen Jollen („Pussi“) und den 5-qm-Canoes, also von den Yachten, die mit Zeitvergütung fuhren, bis zu denen nach Klassen ohne Vergütung, wo jede Klasse für sich startete. Die Einheitsklassen, sozusagen die letzten Glieder der Kette, die heute den Segelsport bestimmend beeinflussen, waren kaum in Ansätzen zu erkennen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist der Passus Seite 27 über die Meßformeln, den ich wie folgt (exklusive meiner Beifügungen in den Klammern) wörtlich zitiere:

„Während die ersten Segelordnungen noch eine Vermessung nach Länge mal Breite in der Wasserlinie vorgesehen hatten, folgte bald nach der Annahme der Benzon-Formel (Segellängen) durch den Deutschen Seglerverband auch bei uns die Einteilung der Boote nach Segeleinheiten. Am Attersee wurde 1900, am Wörthersee 1902, am Traunsee 1903 die nächstgekommene Messformel nach Segellängen eingeführt, mit der die beiden jüngsten Clubs ihre Tätigkeit gleich begannen. Besondere Bestimmungen gibt es für die Sonderklasse und seit 1910 für die Nationaljollen.

Am Wörthersee hat man sich mit Rücksicht auf die große Verschiedenheit der Bootstypen 1910 auf das Segeln nach Handicap-Klassen geeinigt (also Vorgabewettfahrten mit verschiedener Startzeit). Die ZahI und Bedeutung der Regatten und Preise stieg mit dem Zunehmen des Clubs und seiner Teile, mit dem Aufblühen des Sports und der Veredlung der Flotte. Die erste „Regattawoche“ nach deutschem Muster wurde 1901- auf dem Attersee abgehalten. Die Ausschreibung vom Jahr 1910, die erste, bei der auf die Zulassung neuer R-Boote Bedacht genommen war , wies eine Anzahl von 47 Regatten auf (das ist für sechs Vereine).”

In jenes erste Vierteljahrhundert gehört auch die Gründung des Zweigvereines Quarnero 1887, mit dem Sitz in Abiazia, der aber schon 1890 in dem k. u. k. Yacht-Geschwader aufging.

1902, also schon nach 16 Jahren Bestand des UYC, wurde die erste einschneidende Statutenänderung durchgeführt, ich zitiere aus Seite 26 der Festschrift 1911:

„Im Jahre 1902 machte die bedeutende Vergrößerung des Clubs in allen seinen Teilen die Schaffung neuer Statuten notwendig. Es wurde namentlich die Trennung des Statuts für den Gesamtclub als solchen (des UYC) mit der Einführung eines Kongresses aller aktiven Mitglieder (für die Zwecke der Statutenänderung, der Aufnahme oder Ausscheidung eines Zweigvereines und der Auflösung des UYC) von den Normalstatuten der einzelnen Vereine durchgeführt.“

Das Wesentliche verbirgt sich hier eigentlich zwischen den Zeilen, denn die Jubiläumsschrift 1936 sagt über diese Statutenänderung auf Seite 12:

„Die Leitung des Gesamtvereines erhielt wie bisher der in der obgenannten Weise zusammengesetzte Zentralausschuss, als neuer Verwaltungsfaktor wurde der Kongress aller Mitglieder des Union Yacht-Clubs eingeführt, welchem Organe die Statutenänderung, die Aufnahme oder Ausscheidung eines Zweigvereines und die Auflösung des Union Yacht-Clubs vorbehalten war. Die Abstimmung am Kongresse erfolgte nach Kurien, die aus den Mitgliedern je eines Vereines bestanden; ein Antrag war jedoch nur angenommen, wenn die Kurienstimme des Stammvereines dafür gestimmt hatte.”

Die entscheidende Rolle des Stammvereines war zwar noch im Kongress vorhanden, aber eine Verschiebung des Gewichtes zu den Zweigvereinen ist unverkennbar, denn schon im Zentralausschuss dominierte der Stammverein nicht mehr.

Im Lauf dieser ersten 25 Jahre wurde auch die Segelordnung – wenn ich mich so ausdrücken darf – gemildert und von dem großen Ballast primitiver Anleitungen befreit. Aber auch die Segelordnung 1902 enthielt noch Zeitvergütungstabellen für vier Windstufen für Segellängen-Rennwerte von 4,00 bis 10,00 Segellängen und 0,1 bis 0,8 Segeltonnen. Die Anleitungen der alten Segelordnung wurden zum Teil auch deshalb überflüssig, da der Union Yacht-Club 1910 der „International Yacht Racing Union“ (IYRU) beitrat und natürlich nach deren Vorschriften segeln musste. In der IYRU hatte jedoch das k. u. k. Yacht-Geschwader in Pola die Landesvertretung für Osterreich und Ungarn, und es ergab sich eine starke Rivalität mit dem Yachtgeschwader. Ich zitiere aus der Jubiläumsschrift 1936, Seite 16, darüber:

„Der Union Yacht-Club war bestrebt, sich auch einen bescheidenen Platz in dieser Union zu sichern und bemüht sich deshalb, die Errichtung eines österr.-ungar. Seglerverbandes in die Wege zu leiten, um so wenigstens indirekt seine Stimme zur Geltung zu bringen, doch sind die Verhandlungen an der Haltung des k. u. k. Yacht-Geschwaders, das auch nicht den geringsten Teil seiner führenden Position aufzugeben geneigt war, gescheitert.

Während der Kriegsjahre bot sich durch die politische Konstellation die Gelegenheit, die Stellung des Union Yacht-Clubs im Gesamtleben der Seglerwelt nach außen wirksamer zur Geltung zu bringen.

Die Internationale Wettsegelvereinigung (International Yacht Racing Union) war bis Ende 1917 befristet. Der Ausbruch des Weltkriegs ließ deren Verlängerung als ausgeschlossen erscheinen. Hiemit fiel auch das Mandat des k. u. k. Yachtgeschwaders in Pola zur österr.-ungar. Landesvertretung. Um hiefür Ersatz zu schaffen, wurde im Mai 1916 nach mühsamen Verhandlungen, während welcher das k. u. k. Yachtgeschwader seine ursprünglich ablehnende Haltung schließlich aufgegeben hatte, der Österreichisch-Ungarische Yachtverband ins Leben gerufen. Dieser Verband war eine Vereinigung österreichischer und ungarischer Yachtvereine und bestand zunächst aus dem k. u. k. Yachtgeschwader, dem k. u. k. Union Yacht-Club und dem Kiraályi Magyar Yacht-Club, denen sich späterhin mehrere kleinere Vereine anschlossen. Er hat sich noch im gleichen Jahre dank der persönlichen Initiative des Vorsitzenden des Deutschen Seglerverbandes, Geheimrat Busley, mit diesem Verbande zum Deutsch-Österreichisch-Ungarischen SegIer-Verbande vereinigt. Allen diesen Verbänden war keine lange Lebensdauer beschieden“

Damit ist aber schon etwas in das zweite UYC-Vierteljahrhundert übergegriffen worden. Aus dem ersten Viertelahrhundert ist noch besonders zu erwähnen, dass durch allerhöchste kaiserliche Entschließung vom 24. August 1905, Erlass des k. u. k. Min. f . Inneres , Zl. 34193 dem blauen Kreuz unserer Flagge das von der Spangenkrone überhöhte Wappen der Kriegsflagge verliehen wurde, womit die herrliche UYC-Flagge entstand, wohl eine der schönsten Clubflaggen aller Segelvereine der ganzen Welt, um die wir auch von überall beneidet werden. Die Krönung des 25-Jahr Jubiläums war weiterhin die kaiserliche Entscheidung vom 3. August 1911, Erlass des k. u. k. Min. f . Inneres vom 7. August 1911, ZI. 1782, womit die Berechtigung gegeben wurde, den Namen Union Yacht-Club nunmehr in „Kaiserlich-Königlicher Union Yacht-Club“ umzubilden.

Das zweite Vierteljahrhundert 1911 bis 1936
Jubiläumsfestsschrift, verfasst von Sektionschef Dr. Hans Maurus

Wie schon aus dem Ende des vorigen Abschnittes hervorgeht, hat der erste Weltkrieg nicht nur schwere Rückschläge, sondern auch die Befreiung von der Bevormundung durch das k. u. k. Yachtgeschwader gebracht. Osterreich war ein kleiner Staat geworden, dem überdies damals viele Osterreicher die Lebensfähigkeit absprachen, was Iniative und Lebenstätigkeit lähmte, so dass eine stärkere Anlehnung an ein größeres sporttreibendes Land erfolgte, nämlich die Anlehnung an Deutschland. Die Anlehnung an Deutschland war eine faktische und technische schon vorher gewesen, nämlich das ganze Ende des letzten Jahrhunderts hindurch, da ja hauptsächlich berühmte deutsche Boote und Yachten nach Osterreich gebracht wurden, so dass sich in Osterreich ein Spitzenfeld ergab, für das die deutschen Messverfahren auf Osterreich übertragen würden. Die Tendenz des Yachtkaufes aus Deutschland hat sich damals insbesondere auch deshalb durchsetzen können, da der österreichische Boots- und Yachtbau noch in seinen Anfängen stand. 1920 führte diese Anlehnung nun mehr zum offiziellen Beitritt in den Deutschen Seglerverband, in welchem wir nun bis zum. zweiten Weltkrieg infolge der zahlreichen Wettfahrtstimmen des UYC eine bestimmende Position ausübten, die zur Abhaltung des Deutschen Seglertages 1927 in Wien führte und schließlich auch dazu, dass wir im technischen Ausschuss des Deutschen Seglerverbandes mit einer Virilstimme vertreten wären, welche Rolle damals mir oblag und durch welche es möglich war, faire Segelvermessungsbestimmungen nach unseren österreichischen Ansichten im ganzen deutschen Verbandsgebiete durchzusetzen. Diese Vermessungsbestimmungen waren so lange in Kraft, bis sie durch die Schaffung der Einheitsklassen praktisch überflüssig wurden; für die freien Klassen gelten sie auch heute noch.

Mit dem Eintreten in den DSV war auch die zweite einschneidende Änderung der Statuten 1921- verbunden (also nach weiteren 19 Jahren!). Das Jahrbuch 1936 berichtet darüber:

„Die im Jahre 1920 erfolgte Aufnahme des Union Yacht-Clubs in den Deutschen Seglerverband … machte eine neuerliche Änderung unseres Statuts erforderlich.

Sollte dem Union Yacht-Club eine möglichste Geschlossenheit seines Auftretens im Deutschen Segler-Verband gesichert werden und zugleich sein Anspruch auf das primäre Selbstverwaltungsrecht in allen österreichischen Seglerfragen derart unzweideutig zum Ausdrucke kommen, dass das Wiederaufleben dieses Rechtes im Falle unseres Austretens aus dem Deutschen Segler-Verband von selbst erfolgt, so musste eine Änderung der Satzungen in diesem Sinne vorgenommen werden. Es wurden daher neue Satzungen ausgearbeitet, die den bisher bestehenden Verbandscharakter des Union Yacht-Clubs in den Hintergrund rückten und dafür die Geschlossenheit eines einheitlichen Vereines in die erste Linie stellten. Dies geschah insbesondere durch die Feststellung der Mitgliedschaft der Mitglieder der einzelnen Zweigvereine im Gesamtclub und durch die Schaffung eines mit individuellem Stimmrecht eingerichteten Seglertages an Stelle des als Kurienparlament bisher tagenden Kongresses.

Auch trafen die Satzungen Vorsorge dafür, dass die Pflege der gemeinsamen Angelegenheiten, insbesondere alle normativen Verfügungen, dem Gesamtclub zugewiesen wurden, während die Befriedigung der den einzelnen Zweigvereinen verbleibenden örtlichen Bedürfnisse diesen nahezu ohne Einschränkung überlassen wurde. Ferner sahen die neuen Satzungen die Beseitigung eines als Anachronismus aus der Zeit der Gründung in die jetzt gänzlich veränderten Verhältnisse hineinragenden Zustandes vor, nämlich der privilegierten Stellung des Stammvereines, kraft welcher dieser dem Gesamtclub die Funktionäre stellte und ein Vetorecht im Kongress, besaß. Der Präsident und die Vicepräsidenten sollen nun mehr vom Seglertag, die übrigen Funktionäre vom Vorstand gewählt werden. Das Vetorecht entfiel.”

Die Vorherrschaft des Stammvereines war damit endgültig gebrochen, aber dafür ein sehr stramm organisierte gesamter UYC geschaffen worden, vielleicht zu stramm wie die spätere Entwicklung zeigte. Die Aufnahme von Mitgliedern erfolgte mittels einer geheimen Abstimmung mit Stimmzetteln, wobei fünf Stimmen, aber zumindest ein Zehntel der Stimmen der Mitgliederzahl die Ablehnung zur Folge hatte. Es war dies also auch noch eine sehr scharfe Ballotage. Die Mitgliederaufnahme erforderte außerdem die Zustimmung des Vorstandes, der aus einem Präsidenten und zwei Vizepräsidenten, die vom Seglertag gewählt wurden, und den Obmännern und Delegierten der Zweigvereine bestand. Jedes Mitglied eines Zweigvereines konnte nur durch Anmeldung und Ausschussbeschluß Mitglied jedes anderen Zweigvereines werden und konnte außerdem selbst durch Zahlung eines Saisonbetrages das Recht erwerben, in jedem Zweigverein alle Clubeinrichtungen zu benützen. Der Ausschluss eines Mitgliedes aus einem Zweigverein hatte automatisch auch den Ausschluss aus allen anderen Zweigvereinen zur Folge”

Außer dem Vorstand als zentrale Instanz war noch der erwähnte „Seglertag“ vorgesehen, dem die wichtigsten grundlegenden Beschlüsse, wie z. B. Satzungsänderungen und dergleichen vorbehalten waren und von dem jedes Mitglied, das anwesend war, stimmberechtigt war. In diesem Seglertag ist also offenkundig sogar die Unterteilung nach Zweigvereinen weggefallen.

Man sieht, dass dieser in unserer Erinnerung stärker haftengebliebene Eindruck eines einheitlichen Clubs – da eine nähere Vergangenheit betreffend nicht mehr der einer Union ist. Der einheitliche Club bestand eigentlich nur etwa ab 1920 bis 1939, also wieder nur durch 19 Jahre, und erst ab dem 34. Clubjahr des UYC. Nur dadurch, dass unsere älteren lebenden Segler in dieser Zeit ihre Jugend verbrachten, wurde der fälschliche Eindruck erweckt, dass diese Konstruktion eben die des UYC sei, während sie praktisch nur die Konstruktion einer verhältnismäßig kurzen Epoche in der Entwicklung des UYC darstellte.

Die Praxis der zwei Jahrzehnte, in denen diese Satzungen in Geltung waren, sah dann so aus, dass der Vorstand für gewisse Aufgaben Sonderausschüsse bildete. Der wichtigste dieser Sonderausschüsse war der Aufnahmeausschuss, der nach meiner Erinnerung immer aus drei Herren bestand, die aber durch Jahre und Jahrzehnte immer die gleichen waren (Dr. Hein, Dr. Johanny, Dr. Wunschheim), und die praktisch über jede Aufnahme eines neuen Mitgliedes entschieden, denn der Vorstand als Ganzes hat wohl fast immer entsprechend dem Vorschlag dieses Aufnahmeausschusses votiert.

Selbstverständlich wurde auch vom Vorstand eine entsprechende Yachtliste geführt, und für die Pflege der eigentlichen sportlichen Obliegenheiten wurde vom Vorstand ein Oberbootsmann (1921 bis 1938 von Ing. Thausing sen. Ausgeübt)) aus seinen Mitgliedern gewählt, welche Funktion sich als besonders wirkungsvoll und fruchtbar herausstellte.

Wenn der Sport des UYC und somit der österreichische Segelsport in der ersten Zeit nach der Gründung des UYC hauptsächlich ein Feriensport der Wiener war, die in den Sommermonaten an den Seen Erholung suchten, so hat es sich in diesen Jahrzehnten aber bereits abgezeichnet, dass auch aus den Bundesländern ein großes Kontingent von Seglern kam, die das Gewicht des Segelsportes in immer stärkerem Maß von Wien weg dezentralisierten, weshalb auch weitere UYC-unabhängige Vereine entstanden.

Über die zwischen den beiden Weltkriegen in verschiedener Weise versuchte Bildung größerer gesamtösterreichischer Organisationen ist in der Jubiläumsschrift 1936 sehr gut berichtet, und ich zitiere daraus Seite 17:

„Das gute sportliche Einvernehmen, das der Union Yacht-Club Stammverein mit den übrigen an der Alten Donau wirkenden Segelvereinen von jeher gepflegt hat, führte im Jahre 1917 zur Gründung eines gemeinsamen Wettfahrtausschusses und 1928 zur Aufstellung eines ständigen Ausschusses der Segelvereine des Wiener Segelreviers, welchem Organe die Aufgabe zufiel, die sich ergebenden gemeinsamen Probleme zu beraten und zu lösen.

Um die österreichische Seglerschaft in der damals einzigen österreichischen sportlichen Zentralorganisation, dem Hauptverband für Körpersport, vertreten zu können, erschien die Schaffung einer Dachorganisation der österreichischen Seglervereine erforderlich, die im Frühjahr 1931 unter der Bezeichnung „Ständiger Ausschuss der österreichischen Seglervereine“ zustande kam. Durch den Beitritt dieses ständigen Ausschusses zum Hauptverband für Körpersport fand die österreichische Seglerschaft ihren Anschluss an die Gesamtheit der österreichischen Sportvereine und die legale Basis zur Teilnahme an den olympischen Spielen. Zugleich war im Ständigen Ausschusse eine Plattform geschaffen worden, um gemeinsame Angelegenheiten des gesamten österreichischen Segelsportes zu erledigen. Ihren besonderen Wert erhielt diese Organisation durch das österreichische Sportgesetz vom 30. Oktober 1934, BGBI. 1934, II. Nr. 362, das eine gemeinsame Spitze in allen Sportzweigen voraus setzt.

Als solche Dachorganisation des österreichischen Segelsports hat der ständige Ausschuss demnach auch seine behördliche Anerkennung gefunden und auch die Vertretung der österreichischen Seglerschaft im vorbereitenden österreichischen Komitee für die Olympiade 1936 ermöglicht.

Die größere Bedeutung, die der Verbindung der österreichischen Seglervereine nunmehr zukam, ließ es angezeigt erscheinen, dieser losen Vereinigung eine straffere Form zu geben und zugleich die führende Stellung des Union Yacht-Clubs auch satzungsgemäß festzulegen.

Dies geschah im Frühjahr 1933 durch Umwandlung des ständigen Ausschusses in den „Verband der österreichischen Seglervereine“ und durch die Festsetzung des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Stimmrechtes. Den Vorsitz im Verbande hat der Präsident des Union Yacht-Clubs inne, dem zwei Stellvertreter, derzeit (1936) vom Wiener Segel- und Ruderclub und Seglerverein Floridsdorf zur Seite stehen; die Funktionen des Sportreferenten, des Schriftführers und des Kassiers liegen in den Händen von Mitgliedern des Union Yacht-Clubs. Außer dem Union Yacht-Club mit seinen sämtlichen Zweigvereinen gehörten dem Verbande der Wiener Segel- und Ruderclub, der Seglerverein Floridsdorf , der Kärntner Yacht-Club, der Seglerverein Nibelungen, der Seglerverein Neusiedlersee und der Bregenzer Segelclub an.

In der Osterreichischen Sport- und Turnfront ist der Verband der österreichischen Seglervereine in den Rahmen der Gruppe Wassersport eingegliedert. Die Fürsorge der Sport- und Turnfront hat sich bereits im letzten Jahre durch Gewährung sehr erheblicher Subventionen für die Olympiavorbereitungen, für Wettfahrtveranstaltunger größeren Stils, für Beteiligung an auswärtigen Meisterschaften und durch Widmung eines Preises für die österreichische Staatsmeisterschaft im Segeln in sehr erfreulicher Weise gezeigt.“

Das dritte Vierteljahrhundert, 1936 bis 1961

Dieses dritte Vierteljahrhundert ist natürlich am lebhaftesten in unser aller Erinnerung, da es ja die eben verflossenen 25 Jahre sind, und es ist vielleicht weniger notwendig darüber allzu viel zu sagen. Es wurde bald nach seinem Beginn vom zweiten Weltkrieg bestimmt, der viel einschneidendere Auswirkungen für den Segelsport zeigte als der erste. Am schmerzlichsten für den UYC dabei war, dass man ihm seine Selbständigkeit genommen hatte und ihn zwangsweise mit Änderung des Namens in den Yacht-Club von Deutschland einbaute. Das Glück dabei war aber, dass jeder der Zweigvereine als eigener Teil eingebaut wurde, so dass alle diese Zweigvereine mehr oder weniger in ihrer bestehenden Zusammensetzung verblieben. Wenn auch die Führung der Clubs, Mitgliederaufnahme und dergleichen nunmehr sehr diktatorisch durchgeführt wurde, so hat sich doch gezeigt, dass alle unsere österreichischen Segler, auch die, die damals amtierten, letztlich treu zu ihren Vereinen und zu ihrer österreichischen Tradition hielten, und so konnten alle diese UYC’s nach dem Zusammenbruch des zweiten Weltkrieges, weitgehend intakt, durch Wiederannahme des alten Namens die Kontinuität herstellen. Wir alle betrachten den Bestand der UYC als niemals unterbrochen, wir alle zählen die Mitgliedschaft bei ihm auch durch diese Jahre hindurch mit.

Es ergab sich aber naturgemäß nach dem Krieg, dass zum Teil verursacht durch die Demarkationslinien und durch das Besatzungsregime ein gewisses getrenntes Marschieren unvermeidbar war, da die deutschen Satzungen nun wieder durch österreichische ersetzt werden mussten. Die Satzungen wurden dann mehrfach nur für einzelne Vereine oder nur für eine Gruppe der Vereine geändert, was schließlich als nicht befriedigend empfunden wurde. Eine größere solche Satzungsänderung fand 1950 statt, wobei eine große Anzahl der alten Zweigvereine, aber nicht alle, sich zu einem Gesamtclub, der ab gar kein wirklicher Gesamtclub war, mit gleichen Satzungen zusammenfand. Diese Situation wurde durch die Gründung des Österreichischen Segelverbandes im Jahr 1946 nicht erleichtert, der als gesamtösterreichische Institut natürlich allein imstande ist und auch bleiben wird, Gesamtbelange der österreichischen Seglerschaft gegenüber der IYRU, gegenüber dem Olympischen Komitee und gegenüber dem so außerordentlich wichtigen, da die Finanzen berührenden Sporttoto zu vertreten und damit Bedeutung des UYC automatisch vermindert. Der Österreichische Segelverband musste auch das ganze Vermessungswesen, die Führung von Yachtlisten, die Veranstaltung von Meisterschaften organisieren, so dass alle diese Aufgaben gänzlich vom UYC abfielen. Gleichzeitig machte sich im erhöhten Maß der Einfluss der Dezentralisation in die Länder geltend, und es war in der letzten Zeit sichtbar geworden, dass irgendeine Organisationsform gefunden werden sollte, damit das getrennte Marschieren der UYC’s nicht zu sehr auseinanderführe. Verschiedene empfindliche Punkte, wie z. B. die Bestimmungen für die Mitgliedsaufnahme, mussten individuell gestaltet werden, du bei dieser ja naturgemäß immer mehr und mehr jeder einzelne Verein seine besonderen Notwendigkeiten zu erfüllen hatte. Von einer gemeinsamen Ballotage war weder die Möglichkeit noch die Rede mehr. Es war also richtiger, zu versuchen, das wirklich Gemeinsame aller UYC’s durch Umbildung der Statuten des „Gesamtclubs“ in einen „Traditionsverband“ zu sichern, dem nun wieder wirklich alle UYC’s angehören sollten, und diese Statuten so zu formulieren, wie sie nunmehr in den Satzungen des Traditionsverbandes (UYC-TV) festgelegt worden sind, wobei im Übrigen alle UYC’s völlig freie Hand haben. In einer Versammlung am 11. Dezember 1960 nach sorgsamen Vorbereitungen wurde diese Umbildung beschlossen und am 27. April 1961 durchgeführt und damit der UYC-Traditionsverband mit 27. April 1961 ins Leben gerufen, dem nunmehr wieder geschlossen sämtliche UYC’s angehören, so dass das Jubilaumsjahr 1961 in vollkommen logischer Fortführung der ganzen bisherigen Entwicklung wieder eine starke und geeinte Union der UYC’s vorfindet. Der heutige festliche ordentliche Seglertag 1961, den ich nun im Nachhinein als eines der ältesten Mitglieder des UYC und als nun gewählter Ehrenpräsident in diesem Sinn besonders begrüße, ist ein Beweis dafür. Das nachfolgende Bankett wird diese freundschaftliche und sportliche Kameradschaft, die uns alle verbindet, noch besonders unterstreichen.

 

Aus der Festschrift: “100 Jahre Union Yacht Club” – UYC Stammverein
von Rolf Halle

Hundert Jahre Union Yacht Club sind hundert Jahre UYC Stammverein. Der Verein wurde mit der Absicht gegründet, das Sportsegeln mit Yachten auf den Seen der österreichischen Länder der Monarchie unter dem Schutz eines gemeinsamen Vereins-Verbandes zu betreiben. Dieser Absicht wurde durch Statuten, die den Gedanken der Union in den Vordergrund stellen, entsprochen daher auch der Name UNION YACHT CLUB. Initiator war der Engländer Edward Drory, der – wie auch sein Bruder Henry -, in Berlin geboren en war und dessen Vater ihn in frühester Kindheit am Wannsee dem Sport zugeführt hat. Als beide Brüder 1865 in leitende Positionen in das Gaswerk-Erdberg versetzt wurden, brachten sie ihre Zuneigung zum Wassersport mit. Vorerst konnte nur gerudert werden. Als Mitglieder des Ruderclubs LIA unternahmen sie auf der Donau zahlreiche Fahrten. Auf dem Neusiedler See konnte man zu diese r Zeit noch nicht segeln, da dieser gänzlich austrocknet war. Erst 1870 kehrte das Wasser zwar zurück, an einen Sportbetrieb war aber noch lange nicht zu denken.

1870 bis 1825 dauerten die Regulierungsarbeiten am Donaustrom. Erst als die Donau in ihr neues Bett abgeleitet war (30. Mai 1875),war die so entstandene „Alte Donau“ für den Segelsportbetrieb geeignet. Bereits 1879 erbaute sich Drory ein kleines Holzhaus, die „Miramar“, später Seglerheim und Clubhaus des Union Yacht Club Stammverein.

Mit dem Segeln auf der Alten Donau kam der Wunsch auf, auch auf einem See zu segeln – so wurde der Neusiedler See als Revier auch von anderen Segelbegeisterten entdeckt. Durch gemeinsame Segelpartien entstand unter den Teilnehmern der Wunsch nach einer Vereinigung, einer juridischen Person. Ein Komitee wurde gebildet und Statuten ausgearbeitet, die am 12. April 1886

Durch das Ministerium des Inneren genehmigt wurden. Bereits am 21. April 1886 fand die konstituierende Sitzung sowohl des Union Yacht Clubs als auch des UYC Stammvereins im Clubzimmer im Hause Wien 1., Köllnerhofgasse 2, statt. Schon am 22.Juni 1886 wird in der Wochensitzung des UYC „die Konstituierung der Zweigvereine Wörthersee und Attersee freudigst zur Kenntnis genommen.

Der Mitgliederstand des UYC belief sich im Gründungsjahr auf etwa 60 Personen bei 14 Segelbooten; davon auf den Stammverein 15 Mitglieder und 6 bis 8 Segelboote. Trotz aller Ansätze zu demokratischen Führungsformen, wie sie die Statuten forderten, waren Organisationsform und die Clubgepflogenheiten der monarchistischen Staatsform sehr angepasst. Die Namen der Mitglieder ergeben einen Querschnitt durch die höchsten Kreise der Gesellschaft und des vermögenden Bürgertums. Diese gesellschaftliche Auslese wollte unter sich bleiben; daher erfolgte die Aufnahme von Mitgliedern durch eine strenge Ballotage. Die Erreichung der Mitgliedschaft im UYC galt als Auszeichnung.

Die Statuten räumten den Funktionären des Stammvereines im Gesamtclub Vormachtstellung, ja Bevormundung ein, welche den allmählich selbstbewusster gewordenen Zweigvereinen unerträglich wurde. Während anfänglich die segelnden Mitglieder aus Wien stammten und im Sommer ihren Urlaub an einem See verbrachten, waren inzwischen Mitglieder aus den Provinzstädten hinzugekommen. So wurde bereits 1902 eine Statutenänderung vorgenommen, die dem Stammverein seine Vormachtstellung bis auf ein Vetorecht einengte, diesen durch das nun auch für ihn geltende Normalstatut auf einen Zweigverein reduzierte. Trotzdem blieb die Gemeinsamkeit bestehen. Ja, das Ansehen des Clubs war so groß, dass diesem ,,mit Allerhöchster Entschließung vom 24. August 1905″ bewilligt wurde, in seiner Flagge und seinem Stander den rot-weiß-roten Bindenschild, überhöht von einer Spangenkrone – wie es in der k. k. Kriegs- und Handelsflagge erscheint – zu führen. Die Erlangung dieser Auszeichnung ist sachkundigen Mitgliedern in der Reichsstatthalterei und dem Innenministerium zuzuschreiben, die ja die richtige Art und den richtigen Weg, dieses Ziel zu erreichen, wussten. Eine weitere Auszeichnung erhielten der Gesamt-Club und seine Zwergvereine im 25.Jahr ihres Bestandes; damals erhielten sie das Recht, die Bezeichnung ,,Kaiserlich-Königlich” im Titel zu führen. Verständlich, dass sich die Mitglieder dieser Auszeichnung würdig erweisen wollten, indem sie die Tradition hochhielten und auf vorbildliche Umgangsformen achteten.

Trotz des verlorenen Ersten Weltkrieges, der den Bestand und die Zusammensetzung der Mitglieder veränderte, das gesellschaftliche Clubleben und den Sportbetrieb reduzierte, blieb diese Einstellung jahrzehntelang erhalten. Im Stammverein entwickelten sich, auch bedingt durch die beengten Revierverhältnisse, neben den zahlreichen Canoes mit 5 qm Segelfläche, die 1O-m2-Jollen. Vorerst als Cats, später als Sloop.

Bereits 1920 erstarkte der Segelsport in Österreich so sehr, dass es dem Union Yacht Club richtig erschien, sich dem Deutschen Seglerverband anzuschließen. Wiederum wurden die Statuten abgeändert. Anstelle des Kongresses wurde der Seglertag eingeführt, in dem jedes Mitglied der Zweigvereine gleiches Stimmrecht besaß. Alle Zweigvereine waren Mitglied des Gesamtclubs mit einem einheitlichen Normalstatut; dem Stammverein waren damit seine Sonderstellung und das Vetorecht entzogen. Die Erwerbung der Mitgliedschaft erfolgte wie bisher durch Ballotage; war diese in einem Zweigverein positiv ausgefallen, so war die Erlangung der Mitgliedschaft in einem anderen Zweigverein nur mehr durch den Ausschuss zu genehmigen. Die sich nun ergebenden Doppelmitgliedschaften verstärkten das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kameradschaft unter den Mitgliedern, die noch jahrelang, über das Ende des Zweiten Weltkrieges hinweg, nachwirkte.

Im Stammverein war die Entwicklung der 10-m’-Rennklasse so weit fortgeschritten, dass der Wettstreit mit deutschen Konstruktionen aufgenommen werden konnte. Mit dem Hamburger Segelverein konnten Regatten auf der Alten Donau in den Jahren 1928 und 1930 abgehalten werden. 1929 waren vier Boote des Stammvereins in Hamburg bzw. auf der Alster zu finden. Auf der Olympia-JoIle 1936 fanden bereits im Jahre 1935 auf der Alten Donau zahlreiche Auswahlregatten statt, um den Vertreter Österreichs zu ermitteln. Der Stammverein selbst hatte für diesen Zweck zwei O-Jollen angeschafft. Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde der Gesamt-UYC aufgelöst und die Zweigvereine als Zweigabteilungen dem Yacht Club von Deutschland angeschlossen. Nur dem Stammverein blieb es vorbehalten, sich „Zweigabteilung Union Yacht Club Wien“ nennen zu dürfen.

Mit dem ,,Ersten Wiener Segel- und Ruderclub” hatte sich noch der UYC Stammverein fusioniert und auf diese Weise nicht nur lange bekannte Mitglieder, sondern auch das „Starthaus“ hinzubekommen. Leider verlor der Club durch die neuen politischen Bestimmungen eine Anzahl bedeutender und angesehener Mitglieder, besonders der älteren Generation.

Im Krieg bewies der Stammverein seine traditionelle Gastfreundschaft und war Sammelpunkt für viele Mitglieder der früheren Zweigvereine, die Clubboote ihrer Clubs bei uns zur Benützung vorfanden. Durch die enormen Ausfälle gerade dieser Generation ist diese Tatsache nur wenigen noch lebenden Mitgliedern in Erinnerung geblieben. Das Kriegsende bescherte dem Stammverein Verluste, Zerstörung und Chaos. Am Fischerstrand waren fünf Bombentreffer zu verzeichnen, die u. a. das Clubwarthaus zerstörten; alle Einrichtung war verheizt oder gestohlen worden, sämtlicher Bootsbestand verschwunden. Im Starthaus herrschte totales Chaos. Direkter Artilleriebeschuss hatte Gebäude und Boote zu Kleinholz gemacht. Angesichts dieser Sachlage an einen Wiederaufbau und an ein Neuerstehen des Clubs zu glauben, stellt den Mitgliedern und Funktionären jener Zeit ein gutes Zeugnis aus. Nicht nur, dass die wirtschaftliche Lage des Staates und jedes einzelnen elend war, wieder mussten einige Mitglieder den Club verlassen, weil sie den gegenwärtigen politischen Bestimmungen nicht entsprachen. Es gelang zwar dem „Obmann der ersten Tage“, Wilhelm Riedel, eine Schar von Altruisten um sich zu scharen, die den ersten Ausschuss bildeten, aber die Rückgliederung ehemaliger Mitglieder in den neuen UYC Stammverein gelang nur vereinzelt. Zu sehr hatte der Tod unter Alt und Jung die Reihen gelichtet. Betrachtet man rückblickend, welche Aufbauarbeit durch die Vereinsführungen und die Mithilfe der Mitglieder geleistet wurde, so stellt sich Hochachtung ein. Obwohl von einer wirtschaftlichen Konsolidierung nicht gesprochen werden konnte, erfolgte bereits 1946 aus Eigenmitteln die Wiedererrichtung des Starthauses als Holzbau.

1948 wurden auf der Alten Donau auf Mietbooten Trainingswettfahrten unter Teilnahme zahlreicher auswärtiger Teilnehmer abgehalten. Zusammen mit sechs Zweigvereinen, in erster Linie durch den UYC Neusiedlersee (Kurt Jirasko), wurde ein erstes Informationsblatt herausgebracht. Unser Mitglied Harald Musil war ausersehen worden, Österreich bei der Olympiade in England zu vertreten. Allwöchentliche Tanzveranstaltungen in gemieteten Clubräumen fanden statt, die Gemeinsamkeit kam hierbei besonders zum Ausdruck.

Trotz aller Demarkationslinien, Lebensmittelknappheit und Transportschwierigkeiten gelang es, Segelkameraden der westlichen Besatzungszonen an die Alte Donau zu bringen. 1949 hatte der UYC Stv einen Pirat-Neubau als Clubboot angeschafft, und es waren die Regatten, besonders für damalige Verhältnisse, recht gut beschickt.

1951, waren bereits die Schäden am Clubgelände behoben, eine Kaimauer errichtet und der Bau des Clubwarthauses abgeschlossen. Seit 1946 wohnte der Clubwart mit seiner Familie im Clubhaus „Miramar“, betrieb die damals üblichen Geschäfte und sorgte dafür, dass die Mitglieder ausreichend zu essen hatten. Dieser Umstand ermöglichte einen regen Clubbetrieb und beschleunigte den Neubau des Clubwarthauses. Die Gastfreundschaft unseres Clubs wurde von Mitgliedern anderer Zweigvereine gerne in Anspruch genommen, waren doch die Verkehrsverhältnisse allgemein beschränkt. Außerdem fand man Erholung oder Gelegenheit zu sportlicher Betätigung in geschlossenem Bekanntenkreis. Leider haben auch das heute viele Besucher von damals vergessen.

Mit Konsolidierung der Verhältnisse ging die Opferbereitschaft der Mitglieder zurück, die Aufbringung der Mittel für die erforderlichen Reparaturen und Ausgestaltungsarbeiten wurde erschwert, dagegen stiegen die Ansprüche und die Kritik. Mit der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, dem Aufschwung des Autobesitzes und des Autoverkehrs wanderten Mitglieder zu anderen Clubs ab, so dass das „Starthaus“, die zweite Clubanlage des Stammvereins, untervermietet wurde. Der Segelsportbetrieb nahm weiter zu, die Pirat-Klasse brachte schöne Regattafelder zustande, und die Finn-Dinghies waren auch schon zahlreich. Die Segler Turetzky, Weiss, Prochazka auf Pirat, Gfreiner, Sturm, Chr. Ludwig auf Finn, belebten damals die Regattaszene.

Der Idealismus der jeweiligen Oberbootsmänner in den fünfziger und sechziger Jahren kann gar nicht richtig gewürdigt werden. Segelregatten auszurichten, obwohl der eigene aktive Mitglieder- und Seglerbestand abnahm, waren Balanceakte, die nur durch persönliche Freundschaften zu anderen Clubs nicht zum Fiasko wurden. Erwähnt muss hier werden, dass etwa 1950/51 der Versuch unternommen wurde, durch Annahme einheitlicher Statuten die Voraussetzung zu einer Einigung der nach dem Krieg entstandenen eigenrechtlichen UYC-Einzelverein. zu schaffen.

Nach 1966 wurde die Jugend im Stammverein bereits so zahlreich, dass erstmalig für diesen Club eine eigene Jugendabteilung entstand, die lange Zeit von Clemens Baillou und Dr. Peter Mohilla bestens betreut wurde. Doch auch die Jugend wuchs heran und wanderte ab oder gab den Sport auf. Erst mit dem Sommer 1973 wurde durch die Mitgliederwerbung Dr. Michael Schwambergers und seine enge Bindung zur Albertus-Magnus-Schule eine Jugendabteilung mit Schulung, Training und Regatten ermöglicht. 1977 war die Jugendabteilung auf 39 Mitglieder angewachsen, die nicht nur den Optimist bevölkerten, sondern auch in der 420er-Klasse sehr gute Erfolge erzielten. Der damalige Oberbootsmann Dr. H. Steiner konnte nicht nur die positive Auswirkung der zwei Club-420er erwähnen, sondern mit Stolz auf 100 gewonnen Preise in dieser Saison hinweisen. Die Teilnahme von zwei Mannschaften im 420er an der Kieler Woche 1978 sowie je dreier Mannschaften an den Deutschen Meisterschaften in Kiel beziehungsweise der Weltmeisterschaft in Dänemark waren das erfreuliche Ergebnis der mühevollen Jugendarbeit.

Während anlässlich des 80jährigen Bestandes des UYC Stv ein neuer Pirat angeschafft worden war, wurden in Anerkennung der erzielten Erfolge der Jugendlichen in den Jahren 1976 bis 1979 vier neue 42Oer als Clubboote gekauft. Das Anwachsen der Jugendabteilung auf über siebzig Mitglieder führt allmählich zu Platzmangel am Clubgelände. Ein Ausweichen in das „Starthaus“ aber leider nicht möglich, weil dieses Anfang 1980 abbrannte und wegen behördlicher Schwierigkeiten nicht wiederaufgebaut werden konnte. Um neue Mitglieder zu bekommen und die Jugend als aktive Mitglied erhalten wird aber dieses Vorhaben vordringlich sein.

Mit dem Ausbau des totalen Hochwasserschutzes der Donau wurde nicht nur die Donauinsel, sondern auch das Entlastungsgerinne geschaffen. Bereits im Oktober 1974 wurden durch den Stammverein, als erstem Verein Wiens, Regatten auf Finn und 420ern abgehalten. Das Gewässer weist eine Breite von 150 bis 200 Meter auf, die Ufer sind mit Bruchsteinen bewehrt, Anlegestellen sind spärlich, so dass sich die Seglerschaft abwartend verhält. Die Gemeinde Wien baute im nördlichen Abschnitt einen zum Teil öffentlichen Segelhafen. Der Ausbau dieses „Segelhafens Nord“ soll durch die interessierten Vereine und die Gemeinde Wien erfolgen. Inzwischen haben die Surfer, Laser-Segler und die zahlreichen Wiener Badegäste dieses neue Freizeitgelände erobert.

Das Wiener Segelrevier ist also immer noch die Alte Donau mit ihren schwierigen Wind- und Wasserverhältnissen. Dort ist der UYC Stammverein auch heute bemüht, seine Clubanlagen und den Sportbetrieb aufrecht zu erhalten. Ein Unterfangen, das beinahe aussichtslos erscheint. Zahlreiche aktive Segler und Jungsegler wurden herangebildet und so für die Gemeinschaft der UYC Vereine Vorarbeit geleistet. Mit gesteigertem Können findet dann eine Abwanderung auf größere Reviere statt leider nie umgekehrt. Nur den Idealisten im Vorstand und unter den Mitgliedern ist es zuzuschreiben, wenn der Stammverein und in ihm der Gedanke, einer Gemeinschaft anzugehören, existiert.

Der UYC-Traditionsverband und die in ihm vereinigten Clubs werden eingeladen, diese Leistungen durch verstärkte Hinwendung und Teilnahme an Veranstaltungen zu honorieren. Nur so wird der Bestand ihres Stammvereines zum nächsten Jubiläum gesichert sein.

Ing. Rolf Halle